Nachahmen

Auch im hundlichen Verhalten spielen Vormachen und Nachahmen eine große Rolle. Daher ist es sehr wichtig, dass wir uns in allen Situationen gelassen und vorbildlich verhalten. Dies ist nicht immer ausreichend, um einen coolen Hund zu haben, der selbst grundsätzlich gelassen bleibt. Es ist aber eine wichtige Voraussetzung, um es ihm überhaupt zu vermitteln.
Ein Beispiel, wie Hunde auch ohne Kommando voneinander lernen, lieferte uns die Katzenspur-Situation an der Metall-Gittertreppe hinter unserem Haus. Die Kinder aus dem A-Wurf schafften es allein durch das Vorbild ihrer Eltern, ihre Scheu vor der Durchsichtigkeit der Treppe abzulegen und sie wie ihre Eltern zu nutzen, um möglichst doch schnell noch die Katze zu erreichen.
Hier ein anderes Beispiel, wie ein Hund vom anderen lernt:

Anjin zeigte dem vier Tage zuvor zurückgekauften Wurf-Bruder Anders, wie er durch den Bach kommt, durch den ich mein Rudel schickte (Tagebuch-Eintrag vom 8.9.2000):

"...Als wir am Bach ankamen, wollte ich Anders Einstellung zu Wasser weiter austesten. Dass er sich bis zum Bauch hineintraut und am Planschen Spaß hat, hab ich gestern schon gesehen. Mir schien, dass er sich weiter aber nicht hineintraut. Ich gab meinem Rudel auf: 'Durch den Bach voran!' Alle außer Anders sprangen mit Anlauf hinein und kämpften sich halb hüpfend halb schwimmend durch die Wasserpest zum gegenüber liegenden Ufer. Anders ging bis zum Bauch hinein und kehrte dann um. Ich wiederholte mein Kommando für ihn und Anjin kam zurück. Dann Belana und Arabelle. Sie querten den Bach mehrmals. Gerade Anjin war unermüdlich darin, bis direkt zu ihrem Bruder zu schwimmen, bei ihm kehrt zu machen und erneut den Bach zu queren. Solange er ihr nicht folgte, wiederholte sie ihre Einladung. Es schien, als würde sie damit angeben, dass sie etwas kann, was er sich noch nicht traut. Schließlich war sie auch mal so ängstlich gewesen...

Endlich überwand er seine Scheu und sprang in Ajins Fahrwasser. Sie hatte ihm eine bequeme Passage durch die Wasserpflanzen vorbereitet, die nach rechts und links und unten getreten waren. So kam er drüben an. In dem Moment warf ich Belana ein Stöckchen zu, lief den Bach entlang und wies mein Rudel an, auf seinem Ufer zu folgen: 'Dorthin, voran!' (mit Richtungsweisen). Also rannten wir in die gleiche Richtung. 100 m später forderte ich mein Rudel auf, wieder zu mir zu kommen: 'Hier! Durch den Bach voran!'. Ich hatte schnell Belana und die Töchter bei mir. Aron schnupperte an einem Gartenzaun herum und reagierte erst nicht. Anders wollte kommen, aber traute sich nicht. Ich ließ Anjin noch einmal zu ihm hinschwimmen.
Als sie zurückkam, nahm ich sie jedoch wie ihre Mutter und Schwester an die Leine, da andere Passanten nicht belästigt werden sollten. Ich ging ein paar Meter weg und Anders Trieb, uns zu folgen, war stärker als seine Scheu vor dem Bach.
Nur Aron fehlte noch. Ich band meine vier schon einmal ein Stück weiter an einen Pfosten. Sie machten dort mächtig Krach vor Aufregung. Gerade wollte ich noch einmal zurücklaufen, um zu sehen, wo Aron denn steckt, da kam er dann doch bei uns an. Aron weiß genau, dass ich am anderen Ufer nicht auf ihn einwirke und nutzte die Situation aus, um sich noch etwas über die Gärten zu informieren, die sich hinter dem Uferstreifen anschließen. Als wir wieder zu Hause waren, schliefen die Hunde bald auf ihren Wolldecken ein."

Noch ein ähnliches Beispiel (Tagebuch-Eintrag vom 3.10.2000):
"... Oberhalb der Sieg machte ich dann zuerst mit den Hunden einen Forstspaziergang mit Kletterübung an einer ca. 3 m hohen, 20 m langen Holzaufschichtung. Über die quer geschichteten, nassen und glitschigen Stammabschnitte schickte ich die Hunde hinauf und an der anderen Seite hinunter.

Anjin nahm die Abkürzung und sprang aus 2 m Höhe ab. Sie landete elegant und sicher, als gäbe es nichts Selbstverständlicheres. Arabelle machte es aus etwa 2,10 m nach, landete auch am gleichen Fleck, rutschte aber mit den Vorderpfoten auf dem durchnässten Boden nach vorne weg und machte einen regelrechten Bauchplatscher. Sie ist nun mal unsportlicher als Anjin! Sie tat sich aber nichts dabei.

Anders, der eine solche Übung noch nie mitgemacht hat, hatte erst versucht, hinter den Holzstapel auszuweichen und um ihn herumzuwandern, blieb dabei aber so in den Brombeerranken hängen, dass ich ihn einholen und zurück an den Start führen konnte. Bereitwillig hüpfte er nun den anderen hinterher. Nachdem er Arabelles Bauchlandung gesehen hatte, stieg er einen halben Meter weiter ab und sprang dann erst, was ich sehr vernünftig fand.

Aron und Belana konnte ich mit Handzeichen und Richtungsweisen weiter hinab dirigieren. Ich hatte nun Angst um Belanas geflicktes Knie! Aron sprang aus etwa 1,40 m ab, Belana aus 1,20 m. Ich wollte sie eigentlich von dort auf den Arm nehmen, aber sie war schneller und sprang an mir vorbei. Sie landete weich und hatte kein Problem damit. Bei einer zweiten Übung ließ ich die Hunde auf 2/3 kehrt machen und auf der sanfter abfallenden, ungefährlicheren Seite des Stapels absteigen. Es ist schön zu sehen, wie selbstverständlich die drei jungen Hunde den beiden Alphas alles nachmachen."
 10.7  Läufigkeit und Triebhaftigkeit
Ein weiterer starker Trieb ist der Sexualtrieb, der bei einigen Hunden extrem auffällt. Meistens betrifft es unterbeschäftigte Rüden. Zum Teil zeigen jedoch auch Hündinnen und Kastraten lästiges Aufreitverhalten. Es ist in vielen Fällen als Doninanzgeste einzustufen und bei Überhandnehmen abzustellen. Sonst besteht die Gefahr, dass das Opfer sich ernsthaft wehrt oder seinerseits unerwünschte Verhaltensweisen im Umgang mit anderen Hunden entwickelt. Zieht eine Hündin alle unkastrierten Rüden außerhalb der Läufigkeit magisch an, kann eine Scheiden- oder Gebährmutterinfektion daran schuld sein. Sie hat dadurch Ausfluss, der so gering sein kann, dass er nur geruchlich von anderen Hunden wahrgenommen wird. Eine solche Hündin sollte auf jeden Fall einem Tierarzt vorgestellt werden, da Gebährmutterinfektionen tödlich verlaufen können.
Eine normale Hündin wird ein- bis dreimal pro Jahr läufig. Nur in dieser Zeit kann sie gedeckt werden. Läufige Hündinnen erkennt man am angeschwollenen Genitalbereich. Die sogenannte Vulva tritt deutlich hervor. Meistens verliert die Hündin zumindest in der ersten der drei Läufigkeits-Wochen tröpfchenweise Blut, dessen Geruch Rüden stark erregt. Fehlt der blutige Ausfluss, kommt es zu einer "trockenen Hitze". Auch während einer solchen kann eine Hündin gedeckt werden. Spätestens in der Woche der Steh-Läufigkeit fällt das deutlich einladende Verhalten Rüden gegenüber auf. Bei Berührung der Schwanzwurzel legt die Hündin die Rute zur Seite. Entsprechend können Sie Ihre Hündin testen, indem Sie den Rutenansatz massieren. In der ersten Woche beißt sie aufdringlich werdende Rüden noch weg. In der zweiten Woche ist sie dann weniger stark abgeneigt. Im Gegenteil: Mir wurde von einer Boxerhündin erzählt, die aus Liebeskummer laufen ging - sie war eben läufig - und mit einem Dackelrüden auf einer Treppe zusammenhing, als man sie wieder fand. Die während der Paarung unzertrennlichen Tiere muss man in Ruhe lassen, bis sie sich von selbst auseinander bewegen, sonst besteht Verletzungsgefahr für die Hunde. Sind Welpen nicht willkommen, muss der Tierarzt sie möglichst bald nach dem unerwünschten Deckakt "abspritzen". Das bedeutet, die Hündin bekommt Hormone gespritzt, die die beginnende Trächtigkeit abbrechen. Eine gut behütete Hündin kann nicht weglaufen und keinen Besuch empfangen während sie heiß ist. Es ist sogar verboten, eine heiße Hündin von der Leine zu lassen. Mit meiner Gladess unternahm ich dann morgens eine ausgedehnte Fahrradtour in fremde Reviere, um sie abzureagieren ohne die Rüden der Nachbarschaft mehr als nötig aufzuregen. Mehrmals musste sie dann noch kurz hinausbegleitet werden, um Flüssigkeitsüberschüsse abzubauen, denn sie trank während der Hitze unglaubliche Mengen und musste entsprechend öfter hinaus als sonst. Bei unseren späteren Hündinnen - Belana und ihren Töchtern - verlief die Hitze bis jetzt immer weit weniger deutlich. Sie trinken auch nicht wesentlich mehr als sonst.
Wer mit seiner Hündin nie Welpen aufziehen will, kann sie beim Tierarzt kastrieren lassen, d. h. die Eierstöcke und die Gebärmutter entfernen lassen, damit sie nicht mehr heiß wird. Dann wird sie mit Sicherheit auch nicht scheinschwanger, was ebenfalls lästig ist und gesundheitliche Risiken birgt. Allerdings verbietet das aktuelle Tierschutzgesetz das Amputieren von Organen ohne medizinische Notwendigkeit.  
Die Kastration von aus Gründen ihres Hormonhaushalts übermäßig triebhaften Rüden, die kein anderes Interesse haben, als auf andere Hunde oder was sich sonst anbietet, aufzureiten, wird auch gerne durchgeführt. Die Operation stellt zwar einen Eingriff in den Hormonhaushalt dar, ist aber bei solchen Tieren sinnvoll, denn die Hunde leiden unter ihren nicht erfüllten Wünschen. Allerdings muss man sich oft fragen, ob der Grund wirklich der Hormonhaushalt des Tieres ist oder nicht vielmehr Unterbeschäftigung, Langeweile und Dominanzgehabe. Ob sie nach der Operation fett und faul werden, hängt von ihren Besitzern ab. Sparsam genug füttern ist noch wichtiger als bisher. Bei einem richtig ernährten Hund ist es immer möglich, mit einem Griff ins Fell über der Rippenpartie ohne aufzudrücken die einzelnen Rippen zu fühlen. Wird er dicker, reduziert man seine Mahlzeiten.

Mitunter soll ein Hund durch die Kastration einfach nur "ruhiger" werden. Es gibt Fälle, in denen es so ist und andere, in denen das Gegenteil zutraf. Besonders jung kastrierte Hunde können nie erwachsen werden, bleiben oft pubertär unsicher und erlangen niemals die Souveränität eines gut erzogenen unkastrierten Artgenossen. Soll ein Hund seine Hormone und sein Triebleben behalten, aber zeugungsunfähig werden, kann er sterilisiert werden. Bei diesem Eingriff behält das Tier die Keimdrüsen, also die Eierstöcke bzw. Hoden, deren Verbindung nach außen lediglich gekappt wird. Es gibt Hundebesitzer, die ihren Hunden das Rammeln am Hosenbein, an einem Stofftier oder der Lehne eines Sessels erlauben. Das ist natürlich auch eine Möglichkeit, den Hund zu befriedigen. Er hat jedenfalls seinen Spaß. Die Hunde werden dieses Verhalten jedoch auch bei Besuch ausprobieren, was meist weniger gut ankommt. Manche Hunde handeln sich dabei Infektionen oder Prostata-Probleme ein. Außerdem verbindet sich mit diesem Verhalten oft ein Dominanzproblem, denn im Wolfsrudel ist Sex Chefsache und nur dem Alpharüden und der Alphawölfin gestattet. Werden Untergeordnete von ihren Alphas beim Deckakt erwischt, kostet sie das möglicherweise ihr Leben. Zumindest aber müssen sie ihr Rudel verlassen.

Bei unseren Hunden werden Aufreitversuche an Menschen, sofern sie überhaupt vorkommen, streng unterbunden. Meine Hunde treiben genug Sport, um ruhig schlafen zu können. Sie sind sehr wenig triebhaft. Die alte Gladess hat zudem den jungen Aron, als er seine Potenz entdeckte, durch Wegbeißen gleich streng erzogen. Es ist aber auch kein Problem, ihn frei bei Fuß an einer heißen Hündin vorbeizuführen. Collies sind in der Regel ohnehin wenig triebhafte Hunde.

Meiner Beobachtung nach sind die übermäßig triebhaften Hunde meist einfach nur unterbeschäftigte, zu wenig belastete Hunde, die zu wenig Anregung zu sinnvoller Beschäftigung erfahren und sich deshalb mit ihrem Körper alleingelassen fühlen und auch so benehmen. Es sind dann nicht im Übermaß vorhandene Hormone, die das triebhafte Verhalten auslösen, sondern psychische Probleme des Hundes, die durch die Kastration nicht behoben werden.

Ich hatte eines Tages ein Gespräch mit der Besitzerin eines zweijährigen Mischlingsrüden. Sie war der Meinung, man könne "von einem jungen Rüden nicht erwarten, dass er sich an einer heißen Hündin vorbeiführen lässt" und sie würde ihn das nächste Mal gleich laufen lassen, wenn sie einer läufigen Hündin begegnet. Die Leute sein doch selber Schuld, wenn sie eine läufige Hündin dort ausführten, wo auch Rüden ausgeführt werden. Als langjährige Hündinnen-Besitzerin sträuben sich bei mir sämtliche Haare, wenn ich so etwas höre! Ich hätte ja vielleicht.... beschränkte mich dann aber darauf, ihr die rechtlichen Grundlagen und Konsequenzen auseinanderzulegen, mit denen sie dann zu rechnen hat. Sie muss z. B. damit rechnen, dass ihr Hund einer heißen Hündin auch über die Straße folgt - ich kenne solche Situationen. Für einen dadurch entstehenden Unfall ist Sie verantwortlich (auch wenn ihre Hunde-Haftpflichtversicherung zahlt). Den Hund ist sie dann wahrscheinlich los. Rücksichtnahme und Verantwortungsbewusstsein würde ich auch von den Rüdenbesitzern erwarten. Sie müssen ihre Tiere im Griff haben und festhalten können. Von meiner Gladess habe ich mehrmals Rüden buchstäblich herunter treten müssen (sie hingen noch nicht fest). Sie waren unangeleint und meinten, ihre Chance sei gekommen, ohne dass der Besitzer eingriff. Manche Hündinnenbesitzer trauen sich an große Rüden nicht heran, mit der Folge, dass sie mit ihrer Hündin hinterher zum Abspritzen zum Tierarzt müssen. Das Beste ist, wenn die zugehörigen Rüdenbesitzer einen dann noch der Tierquälerei bezichtigen, weil man zu ihrem Schatz grob geworden ist.

Hündinnen eines Rudels werden i. d. R. gleichzeitig oder fast gleichzeitig heiß. Im Rudelleben bedeutet die Hitze der Hündinnen Stress und Aufregung. Es kann zu Rivalität und Aggression gegenüber gleichgeschlechtlichen Tieren kommen. Rüden, die an heiße Hündinnen in ihrer Nähe nicht heran dürfen, machen oft ein ziemliches Gejammer und Gejaule. Genügend dominante Hundebesitzer können es aber verbieten.

Ich ziehe es inzwischen vor, das Rudel bereits ab dem ersten Tag der Läufigkeit einer der Hündinnen konsequent getrennt zu halten und auch nach Geschlechtern getrennt auszuführen, bis die letzte Hündin ihren letzten Läufigkeitstag hinter sich hatte. Das erspart viel Aufregung und Stress.